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Montag, 16. Januar 2012

Es gibt sie ... "Die gute Rezension" (Arena Blogger-Workshop Jan. 2012)

Am vergangenen Wochenende hatte der Arena Verlag 20 BloggerInnen nach Würzburg in den Verlag eingeladen. Unter dem Thema "City of Books - Bücher, Blogs und Begegnungen" konnten sich die verschiedenen Bücherblog- und Videoblogbesitzer*innen näher kennenlernen, sich austauschen und gemeinsam diskutieren.

Der eigentliche Höhepunkt des Treffens war jedoch die Frage "Was macht eine gute Rezension aus?" Hier hatte Arena den erfahrenen Rezensenten Ulf Cronenberg eingeladen. Er ist Jurymitglied beim Deutschen Jugendliteraturpreis, Gymnasiallehrer und langjähriger Betreiber seiner Seite Jugendbuchtipps. Ulf Cronenbergs Rezensionserfahrungen im Jugendbuchgenre waren sofort zu spüren, sein Input hatte Hand und Fuß. Am Ende gingen alle mit dem Gefühl nach Hause, etwas dazugelernt, bzw. nützliche Tipps für die eigenen Rezensionen erhalten zu haben.

Meines Wissens war dieser Blogger-Workshop der erste seiner Art. Gute Rezensionen sind für jeden Blogger, der Bücher vorstellt und weiterempfiehlt, wichtig. Darum will ich euch die Zusammenfassung auf diese Frage nicht vorenthalten.


Definition des Begriffs (Buch-) Rezension =
Eine Rezension ist eine Besprechung von einem von mir gelesenen Buch.


Eine Rezension sollte aus zwei Hauptkriterien bestehen:

1. Literaturwissenschaftliche Kriterien (objektive Erzählhaltung, Aufbau, Bedeutung)
2. Subjektive Kriterien (eigener Geschmack, kann ich etwas mit dem Gelesenen anfangen?)


Was solltest du bei einem Buch alles untersuchen, um eine gute Rezension zu erstellen?

  • Sprache, Schreibweise
  • Aufbau (z.B. Spannungsbogen)
  • Erzählperspektive (Ich-Erzähler, personal, auktorial)
  • Figuren (vor allem die Hauptpersonen und ihre Beziehung zueinander)
  • Thema des Buches
  • Aufmachung (Cover, Abbildungen, Typographie - gefällt mir was ich sehe?)
  • Stellung im Werk des Autors, bzw. Bezüge zu anderen Werken des Autors
  • Klischees (Dinge, die man schon hundertfach gelesen hat, z. B. "es lief ihr kalt den Rücken hinunter", die aber dadurch nicht besser werden)
  • Gender Aspekte (Stereotypen = z. B. Mädchen ist immer die schüchterne graue Maus, Junge ist immer der unglaublich tolle, gut aussehende Held)
  • Diversität/Vielfalt (in Bezug auf Kultur, Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung, ...)

Achtung: Diese Punkte keinesfalls in der Rezension "abarbeiten". Sie geben einen Gesamtüberblick, welche Punkte eine Rezension enthalten kann, bzw. sollte. Werden diese Punkte stur nach Schema besprochen wirkt die Rezension hölzern und stupide.


Eine gute Rezension ...

... ist nicht zu lang und nicht zu kurz (ca. 2500 - 3500 Zeichen).
... hat eine Inhaltsbeschreibung in eigenen Worten oder den Klappentext mit Quellenangabe Verlag (maximal Infos aus der ersten Buchdrittel), einen Interesse weckenden Einstieg, einen Meinungsteil und ein Fazit.
... hat eine gute und logische Gliederung/Abschnitte.
... glänzt mit Fachwissen (nicht besserwisserisch schreiben).
... ist klar getrennt in Beschreibung des Inhaltes und einer Meinung dazu.
... hat eine korrekte und interessante Sprache (Füllwörter, wie "eigentlich", vermeiden, nicht übertreiben "das war das allerbeste Buch, das ich je gelesen habe!", keine Umgangssprache)
... greift auf Belege am Text zurück.
... hat eine Begründung des eigenen Standpunktes.
... besitzt eine korrekte Interpunktion und Rechtschreibung.
... wird immer dem Buch gerecht und achtet auf Sachlichkeit.


Allgemeines zu einer guten Rezension:

  • Blogrezensionen dürfen persönlicher sein. Der Ich-Stil ist erlaubt (bei Zeitungsrezensionen eher nicht). Man sollte allerdings darauf achten, dass eine Rezension nicht so persönlich ist, dass der Leser hinterher mehr über die Gefühle, Lesegewohnheiten, Buchbestand, Wohnungseinrichtung - ja, auch das kommt vor - des Rezensenten, als über das eigentliche Buch weiß (sieht man oft bei sehr begeisterten Rezensionen).
  • Eine Rezension ist meist eine Mischung aus persönlichem Geschmack und Objektivität. Gerade bei schlechten Bewertungen sollte man ein Gespür dafür haben, ob das Buch nun definitiv fachlich schlecht war (Charaktere, Plot, Schreibstil, usw.) oder ob es einfach nicht dem persönlichen Geschmack entsprach. Aussagen wie "Ich fand das Buch doof, weil ich normalerweise eh keine Thriller lese" sind nicht nur dem Buch und auch dem Autor gegenüber unfair, sie helfen zudem in keinster Weise einem interessierten Leser.
  • Man sollte, gerade bei Jugendbüchern, immer die Altersempfehlung im Blick haben. Ist ein Jugendthriller für einen Erwachsenen vielleicht  nicht spannend genug, kann es trotzdem sein, dass ein Jugendlicher im Zielgruppenalter damit bestens bedient ist. Das sollte in der Bewertung eine Rolle spielen.
  • Punkte-, Sterne-, Herzen-, usw. Bewertungssysteme geben einen besseren Überblick, als Rezensionen ohne (auf dem ersten Blick) erkennbares Bewertungssystem. In der Rezension selbst, sollte natürlich die Bewertung erkennbar sein. Es ist nicht glaubwürdig, wenn der Rezensent überwiegend kritisiert oder nörgelt, aber am Schluss mit 4 oder 5 Sternen bewertet.


Tipps, wie dir eine gute Rezension gelingt:

  • Möglichst bald nach dem Lesen rezensieren. Keine Rezensionen sammeln. Muss man beim Rezensieren erst in alten Erinnerung kramen, wird das dem Buch meist nicht gerecht.
  • Eine Vorab-Gliederung oder ein Stichpunktezettel kann vor allem neuen Rezensenten helfen.
  • Mache dir klar, für welches Zielpublikum du schreibst. Sind deine Blogleser*innen eher jugendlich, solltest du Fremdwörter sparsam verwenden oder in Klammern erklären. Beispiel: 'Das Buch wurde im auktorialen (allwissenden) Erzählstil geschrieben.' oder 'Die Autorin erzählt die Geschichte im Präsens (Gegenwart).'
  • Die Rezension über Nacht liegen lassen, am nächsten Tag dann eventuell nochmals durchlesen und überarbeiten.
  • Vor dem Schreiben der eigenen Rezension sollte man keine anderen Besprechungen lesen. Diese verführen zum unbewussten "Abkupfern". Ausnahmen kann man machen, wenn man einmal komplett ratlos ist.
  • Rede mit Gleichgesinnten über Bücher.
  • Gib deine Rezension jemandem zur Überprüfung, vor allem, wenn du unsicher bist.
  • Achte auf deine Stimmung beim Lesen, sie kann dir Hinweise für deine Rezension geben (z. B. ich lasse mich ständig ablenken, die Protagonisten nerven mich, "das soll alles gewesen sein?",...) Schreibe deine Stimmung nicht wörtlich in die Rezension, sondern begründe sie.

Einige dieser Punkte und Tipps werden sicher von vielen Buchblogger*innen bereits angewendet. Für andere werden sie eine Hilfestellung sein. Ich selbst konnte mir wertvolle Infos herausziehen.


© nach einer Ausarbeitung von Ulf Cronenberg,
zusammengefasst von Damaris